
Es gab einmal eine Zeit, in der alle Seelen hier auf der Erde als etwas Besonderes empfangen wurden⊠und es wurde genau darauf geachtet, dass sie sich ihre Schönheit durch die Wellen und TĂ€ler des Lebens in einem Körper erhalten konnten. Freilich ging es auch damals um Kultivierung und zwar insofern, als sie ihre Seelenmeisterschaft als ein jeweils einzigartiges Kunsthandwerk zum Ausdruck brachten. Jede dieser Seelen war auf ihre Weise ein wildes Wesen, das selber seinen Weg vorgab und das man auch aus voller Kraft in ihrem Unterfangen unterstĂŒtzte. Es gab einen Plan fĂŒr sie hier und mit Begeisterung waren sie alle dabei.
Seelen sind generell kĂŒhn und draufgĂ€ngerisch â Abenteurer im wahrsten Sinne. Denn sie bevölkern ein königliches Reich, in dem es ihnen an nichts fehlt und das sie mit ihrer Phantasie und ihrer ganzen schöpferischen Kraft gestalten können. Diese Kraft haben sie auf die Erde mitgebracht, um auch hier ein solches Reich mit zu gestalten. Und das ist genau das, was bis heute in unseren Herzen als Sehnsucht erhalten geblieben ist.
Die Seelen mussten dafĂŒr allerdings einen grossen Preis bezahlen und auf ihre Leichtigkeit sowie auf ihr Allwissen verzichten. Denn hier war die Entfaltung des Lebens erst am Anfang und die Energien noch sehr langsam und zĂ€h. Plötzlich war es keine einfach Sache mehr, sich Dinge zu erschaffen oder das blosse (körperliche) Ăberleben sicher zu stellen. Zeit und Raum gaben dem ganzen dann auch noch einen Rahmen vor, der oft hart und unĂŒberwindbar erschien. Aber die Seelen liebten es, angesichts dieser WiderstĂ€nde im steten Einklang mit dem lebendigen Kosmos nach neuen Wegen zu suchen und Mitschöpfer zu sein.
Die alten Völker haben diese âTraditionâ lange weitergefĂŒhrt⊠bis hinein in jene Zeit, in der die Erde in eine dunklere Epoche eingetreten ist und andere MĂ€chte die Regie hier ĂŒbernahmen. Sie mussten vieles dann im Untergrund fortfĂŒhren. Heute sind die meisten von ihnen âausgelöschtâ und ihr grosses Herz wirkt gebrochen. Das Herz der Erde und der Völker kann jedoch nie wirklich zerstört werden. Und ihre Kraft beginnt sich gerade wieder zu sammeln, denn sie wissen, dass die Zeit ihrer Wiederkehr â und damit die Wiederkehr der wilden Seele gekommen ist.
Die sogenannte moderne oder westliche Welt gilt als diejenige, die die Herrschaft ĂŒber diesen âPlanetenâ angetreten hat unter dem Motto âMacht euch die Erde untertanâ. Sie war damit recht erfolgreich. Als Grundstrategie hat sie die Spielregeln des Lebens und des Universums immer wieder ausser Kraft gesetzt und ihre eigenen durchgesetzt. Mittlerweile beherrscht sie tatsĂ€chlich alles⊠und es ist kalt geworden in dieser Welt.
Die Seelen werden hier als ein Nichts empfangen, auf die man sofort umfassend Einfluss nehmen muss, falls man sie ĂŒberhaupt noch als solche wahrnimmt. Was sie mitbringen, wird so gut wie möglich ĂŒberschrieben, damit die Menschen spĂ€ter dann kein GefĂŒhl mehr dafĂŒr haben und sich an nichts mehr erinnern können. Das ist ein praktischer Umstand fĂŒr die MĂ€chtigen, weil man dann einfach auf sie zugreifen und sie fĂŒr bestimmte Zwecke verwenden kann.
Heutzutage hat das alles System: Wir haben unsere Seele betĂ€ubt, uns ihrer entledigt, sie abgelegt und vergessen. Doch ohne sie sind wir schutzlos, leblos, verloren und fremd im eigenen Haus. Der sogenannte fortschrittlich-aufgeklĂ€rte Verstand nĂŒtzt uns deshalb nur wenig. Mehr noch blĂ€ht er sich auf und tĂ€uscht uns. Er steht uns im Weg und gerĂ€t andauernd in Panik.
Der Grund dafĂŒr liegt darin, dass uns unsere wilde Seele in keiner Weise mehr umfasst. Gemeinsam mit dem Mutterleib ist sie unsere SchutzhĂŒlle, wenn wir in ein Leben hierher kommen. Letztere mussten wir mit der Geburt verlassen â genauso wie die Menschheit einst auch die schĂŒtzende HĂŒlle eines âgoldenen Zeitaltersâ verlassen musste, um in die Tiefen eines Lebens in der materiellen Welt einzutauchen.
Als sie dann immer mehr in die AbgrĂŒnde von Katastrophen, Kriegen und stĂ€ndigem Leiden geworfen wurden, haben die Menschen schliesslich ihren Ursprung als wilde Seelen in einem unendlich vielfĂ€ltigen Königreich vergessen. Und sie sind vereinsamt und krank geworden.
Aber sie formiert sich jetzt wieder, diese wilde Seele⊠weil rundherum der alte âSchutzpanzerâ aufbricht, der sie schlafend gehalten oder unterdrĂŒckt hat. Wir merken, dass das, was wir uns als ErsatzhĂŒlle zugelegt haben und all das, was als gesellschaftliche HĂŒlle um uns herumgelegt worden ist, keinen wirklichen Bestand hat. In herausfordernden Zeiten nĂ€mlich bieten sie weder Schutz noch UnterstĂŒtzung. WĂ€hrend der letzten Jahre ist uns zunehmend klar geworden, dass die Macher dieser kĂŒnstlichen HĂŒllen sich in keiner Weise um uns kĂŒmmern und mehr noch, dass sie es auf uns abgesehen haben und uns zunehmend zerstören. Mittlerweile haben wir auch erkannt, dass sie in Wirklichkeit machtlos sind⊠wenn wir ihnen als wilde Seelen die Macht entziehen.
Die wilde Seele ist das, was wir als die weibliche und mĂŒtterliche Kraft in uns tragen. Es ist wichtig, dass sie uns umgibt und nĂ€hrt und hĂ€lt, wenn wir mutlos geworden sind. Das ist auch die Grundvoraussetzung dafĂŒr, dass sich in uns die mĂ€nnliche und vĂ€terliche Kraft formieren kann, die uns fĂ€hig macht, nach aussen zu gehen und in dieser Welt das umzusetzen, was wir aus dem Königreich der Seelen mitgebracht haben.
Harmonieren beide miteinander, kann diese wilde Seelenkraft zur unendlichen Quelle der Inspiration und der Begeisterung fĂŒr unser alltĂ€gliches Leben hier werden. Ohne sie werden wir trĂŒb-sinnig, weil uns dann der Sinn fehlt und damit die Motivation â ein Zustand, der am Ende dieser Epoche nun rundherum sichtbar wird. Wie bei jeder unserer Geburten und bei jedem Ăbergang der Menschheit in eine andere Epoche, gilt auch hier: Wir mĂŒssen diese schĂŒtzende HĂŒlle immer wieder öffnen und hinausgehen, um unser Lebenshandwerk zu betreiben. Wichtig aber ist, dass wir in regelmĂ€ssigen AbstĂ€nden zu ihr zurĂŒckkehren â wenn sie auch sowieso nie wirklich abhanden kommt. Nur unser Bewusstsein davon kann sich fĂŒr eine Weile eintrĂŒben.
Weihnachten ist unsere eigene Menschwerdung, das Wissen darum, wer wir sind und woher wir kommen. Durch die Heimkehr zu unserer wilden Seele kann der Stern des Bewusstseins wieder ĂŒber uns aufgehen. Und wir können jetzt den Ă€rmlichen Stall einer âZivilisationâ verlassen, die lange schon ihr Menschsein verloren hat. Die kommenden Monate werden herausfordernd sein, doch werden sich im âneuen Jahrâ bereits viele AusgĂ€nge und Ăffnungen zeigen. Und der Wind der VerĂ€nderung wird uns mit unserer wilden Seele wieder verbinden.
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