Über Clara Lösel: Clara Lösel ist Dichterin & Autorin. Mit ihrem Bestseller „Wehe du gibst auf“ berührt sie tausende Menschen. Sie setzt sich in ihren Texten für gesellschaftlichen Dialog, Achtsamkeit und Mut ein und zeigt, wie Sprache Brücken bauen kann. Auf ihren Lesungen und in sozialen Medien inspiriert sie ihre Mitmenschen mit ihrer Offenheit, Authentizität und ihrer Liebe zur Poesie.
Poesie der Hoffnung | Veit Lindau im Gespräch mit Clara Lösel | Folge 41
► In dieser besonderen Episode von Human Future Movement spreche ich mit Clara Lösel, einer beeindruckenden jungen Dichterin und Autorin. Gemeinsam tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Sprache und erforschen die Bedeutung von Hoffnung – in Zeiten der Unsicherheit und gesellschaftlichen Herausforderungen.
Clara erzählt von ihrer persönlichen Reise, von ihrer Liebe zu Worten und davon, wie sie mit ihrer Poesie Brücken baut zwischen Menschen, Generationen und Perspektiven.
Sie spricht über die Bedeutung von Verletzlichkeit, die Herausforderungen des Schreibens in einer schnelllebigen Welt und darüber, wie sie mit Hoffnung und Mut ihren Weg geht. Lass dich inspirieren von Claras Blick auf die Welt und entdecke die Kraft, die in deinen eigenen Worten und Gedanken steckt. In Verbundenheit,
Veit
Homepage: https://claraloesel.de/
► Instagram: / claraloesel
► Alle Infos: https://linktr.ee/clara.loesel
► Hier findest du das neue Buch von Clara Lösel „Wehe du gibst auf“: https://wonderl.ink/@wehe_du_gibst_auf

Poetry with Purpose | Clara Lösel | TEDxMitte
Auszug: Der erste Text heißt „Sieben“, und ich habe ihn geschrieben für die siebenjährige Kara, für die kleine Klara. Er geht so:
Ich war einmal eine Malerin.
Ich malte Himmel voller Sterne.
Ich malte Blumenwiesen und Tiere
und Kinder mit Laternen.
Und alle, denen ich meine Bilder zeigte, waren ganz beeindruckt.
Ich war wirklich gut – das war auch mein eigener Eindruck.
Zu Geburtstagen wünschten sich alle immer ein Bild von mir.
Doch dann passierte etwas:
Ich wurde plötzlich sieben.
Ich war einmal eine Läuferin.
Die schnellste weit und breit.
Ich war schneller als der Wind,
und niemand stoppte die Zeit.
Ich gewann im Rennen fast immer gegen meinen Papa –
dabei war ich nur halb so groß.
Das war eigentlich unfassbar.
Wenn andere gingen, rannte ich.
Nicht fürs Gewinnen, sondern fürs Rennen selbst.
Doch dann passierte etwas:
Ich wurde plötzlich sieben.
Ich war einmal eine Bäckerin
und mein Lieblingsort war die Küche.
Ich mischte Mehl und Zucker,
liebte die Gerüche,
und es machte mir unendlich viel Spaß.
Doch das Beste war nie das Backen selbst,
sondern dass alle es liebten
und nie etwas übrig blieb.
Ich weiß noch, wie alle fragten,
ob sie noch einen Teller bekommen könnten.
Doch dann passierte etwas:
Ich wurde plötzlich sieben.
Ich war einmal eine Tänzerin
und alle sagten mir: Du kannst das.
Ich verbog mich jeden Tag,
aber nie für jemand anderen.
Es war mir egal,
ob jemand mich brillant fand.
Ich tanzte immer genauso gut,
wie ich es selbst empfand.
Abends schlief ich glücklich ein,
voller Liebe nach dem Tanzen.
Doch dann passierte etwas:
Ich wurde plötzlich sieben.
Und ich war einmal Wissenschaftlerin.
Alles war ein Wunder.
Ich kniete auf dem Boden,
um Käfer zu erforschen.
Warum fallen Sterne nicht vom Himmel?
Wer hat die Zahlen erfunden?
Warum haben Zebras Streifen?
Ich stellte tausend Fragen
und war mir sicher: Ich finde es heraus.
Doch viele Fragen blieben offen,
denn dann passierte etwas:
Ich wurde plötzlich sieben.
Mit sieben wurde alles anders.
Mit sieben wurden Dinge peinlich.
Mit sieben malte man nicht mehr
und tanzte nur noch heimlich.
Mit sieben wurden Zahlen wichtig –
auf Stoppuhren, in Zeugnissen
und in den Meinungen anderer Menschen,
sogar der freundlichen.
Mit sieben sagte man mir,
dass ich gar nicht malen könne –
was ich, da ich es doch tat,
ziemlich komisch fand.
Mit sieben verstand ich:
Man macht Dinge nicht zum Spaß.
Malen ist Kunst.
Tanzen ist Leistungssport.
Backen können nur richtige Köche.
Man läuft im Alltag langsam
und rennt nicht überall hin.
Und man ist nur dann gut in etwas,
wenn man gewinnt.
Und man sollte besser aufpassen,
nicht zu verlieren,
denn sonst könnten Leute lachen.
Und das will man nicht riskieren.
Also hörte ich auf zu tanzen,
zu backen und zu malen,
zu singen und zu rennen,
zu schreiben und zu fragen.
Heute bin ich keine Bäckerin mehr,
nur jemand, der manchmal backt,
weil Essen wichtig ist
und weil man das eben so macht.
Ich bin keine Läuferin mehr –
wenn ich laufe, dann weil es richtig ist,
weil man sportlich sein soll,
dünn und gesund,
weil Cardio wichtig ist.
Ich bin keine Malerin mehr,
nur beim Spielen ab und zu.
Und wenn bei Activity jemand sagt,
dass ich gut malen kann,
dann sage ich:
„Ach, Quatsch“,
drehe die Sanduhr um
und bin kurz traurig –
weiß aber gar nicht genau, warum.
Und ein Teil von mir wünscht sich bis heute,
mir hätte nie jemand gesagt,
dass die Menschen, die ich malte,
ihnen gar nicht ähnlich sahen,
dass meine Geschichten
voller Rechtschreibfehler waren,
dass meine Sahnetorte
eigentlich ein Holzklotz mit Watte war,
dass ich beim Ballett
immer aus der Reihe tanzte
und dass Papa mich gewinnen ließ,
wenn wir um die Wette rannten.
Und wenn mich heute jemand fragt:
Was ist der reichste Ort der Welt?
Dann sage ich:
Nicht Schlösser
und nicht Banken voller Geld.
Ich sage: der Friedhof.
Denn dort liegen all die Bilder,
die niemals gemalt wurden.
Dort liegen all die Bücher,
die nie geschrieben wurden,
und all die Erfindungen,
die nie erfunden wurden –
weil wir einem Kind mit sieben sagen,
dass solche Dinge
immer nur Kinderträume sind.
Mit roher Ehrlichkeit und lyrischer Anmut teilt Clara Lösel Gedichte, die in persönlichen Erfahrungen verwurzelt sind – und verleiht Geschichten von Verletzlichkeit, Widerstandskraft und Selbstfindung eine Stimme. Ihre Auftritte verbinden Spoken Word mit präsenter Bühnenwirkung und schaffen Raum für Reflexion und echte Verbundenheit.
Mit einer Reichweite von über 20 Millionen Menschen pro Monat ist Clara Lösel – Poetry-Künstlerin, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Live-Performerin – zu einer der einflussreichsten Stimmen ihrer Generation geworden.
Durch die Verbindung poetischer Sprache mit gesellschaftlicher Gedankenführung laden Claras Performances dazu ein, innezuhalten, nachzudenken und sich zu verbinden – über Generationen und Perspektiven hinweg.
Dieser Vortrag wurde im Rahmen einer TEDx-Veranstaltung im TED-Konferenzformat gehalten, jedoch unabhängig von einer lokalen Community organisiert. Weitere Informationen unter: https://www.ted.com/tedx