Nilex A’Rhan: „Es gibt einen Hauptgrund, unter dem Menschen bereit sind, eine Veränderung zu akzeptieren: Die (scheinbare) Sicherheit eines Ersatzes für das, was sie aufgeben.“

Beitragstitel: „Bei Neuanfängen: Frag einen Walk-In“

Veränderungen und Neuanfänge sind normal im Leben, bei Walk-ins sind sie jedoch Programm. Sie sind tiefgreifend und endgültig.

Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Walk-in in einem „geliehenen“ Umfeld lebt, das er sich so umgestaltet, damit es zu seiner eigentlichen Absicht und der eigenen Seelensignatur passt. Daher wird nicht nur mal so ein bisschen was geändert, sondern so ziemlich alles auf den Kopf gestellt. Gleichzeitig gibt er damit auch ein Beispiel in die Welt, wie es funktionieren kann, zu jedem Moment etwas Neues zu beginnen.

Veränderungen sind nur wirklich dann möglich, wenn die alten Strukturen verlassen werden. Alles, was sich verfestigt hat, wird im Laufe der Zeit zu einer starren Materie, aus der heraus nichts geschaffen werden kann, was von Grund auf anders ist.

Es beginnt damit zu erkennen, dass meine Realität nur ein physischer Ausdruck dessen ist, was ich zu dieser Realität bestimmt habe. Es ist ein Rahmen, den ich gesetzt habe, und der ist logischerweise begrenzt. Was darüber hinausgeht, kann nicht entstehen, solange der Rahmen unbeweglich bleibt. Walk-ins erkennen das in dem Augenblick, in dem sie sich bewusst werden, dass sie nicht das sind, was sie erleben, sondern das, was sie an Ideen in sich tragen.

Den meisten Menschen fällt es schwer, aus ihrem gewohnten Muster auszubrechen, weil sie damit auch ihre Sicherheit aufgeben. Selbst wenn diese nicht angenehm ist, ist es eben das, was bekannt ist. Unbekanntes macht Angst, und Angst ist die Ursache für Stillstand. Was, wenn meine Ideen völliger Quatsch sind? Wenn ich nicht umsetzen kann, was ich wollte? Wenn ich etwas aufgegeben habe und keinen Ersatz dafür finde? Und nicht zu vergessen: Was sollen die anderen von mir halten?

Bezeichnend für alle Walk-ins ist die Trennung von allem bisherigen, angefangen bei den Gewohnheiten und Vorlieben über Arbeit und Interessen bis hin zu Familie und Freunden. Das tiefe Wissen, dass all dies nicht mehr stimmig ist, führt dazu, es zu beenden und das Risiko einzugehen, erst einmal ohne Plan und ohne Sicherheiten dazustehen. Vieles davon geschieht auch automatisch, denn du hast dich so verändert, dass es für die anderen offensichtlich ist und es somit zu Konflikten führt. Die energetische Verbindung ist einfach nicht mehr existent, sie löst sich auf.

Ich selbst habe in den letzten Jahren mehrere Neuanfänge gestartet

Sie resultierten aus dem Bewusstsein, an einem Punkt angekommen zu sein, in dem ich nicht mehr weiterkam und schlichtweg etwas verändern musste. Solange es nur Kleinigkeiten wie Jobwechsel waren, fühlte es sich anfangs vielleicht wie eine tatsächliche Veränderung an, aber nach einer Weile erkannte ich, dass die alte Struktur, die darin enthalten war, genau dieselbe war wie vorher. Irgendwann wurde mir klar, dass ich mich nur verändern kann, wenn ich aus dem gewohnten Umfeld herausging. Ich merkte das daran, dass zum Beispiel bekannte Orte mehr und mehr unangenehm wurden. Sie erinnerten mich zu sehr an Momente, aus denen ich längst herausgewachsen war. Nach herkömmlicher Denkweise könnte man vielleicht sagen, ich hätte die Vergangenheit nicht losgelassen und sollte mich mehr auf das Jetzt konzentrieren. Für mich war allerdings immer klar, dass die Umgebung eine bestimmte Schwingung hat, die mit der inneren Frequenz harmonisieren muss. Hatte ich diese bei mir verändert, entstand im Außen die gefühlte Disharmonie. Es war wie eine Jacke, aus der ich herausgewachsen war. Ich konnte es drehen und wenden wie ich wollte, sie passte einfach nicht mehr.

Es gibt einen Hauptgrund, unter dem Menschen bereit sind, eine Veränderung zu akzeptieren: Die (scheinbare) Sicherheit eines Ersatzes für das, was sie aufgeben.

Habe ich einen neuen Job, der mir meine finanzielle Basis garantiert? Gibt es Menschen, mit denen ich mein neues soziales Umfeld füllen kann? Was kann ich von meinem alten Leben mitnehmen, um liebgewonnene Gewohnheiten weiterzuführen? Ist die neue Situation meiner alten ähnlich, so dass ich mich nicht völlig umstellen muss?

Mir war immer klar, dass ich so wenig wie möglich mit in das neue Leben nehmen wollte. Nur so wird der Raum dafür geschaffen, etwas anderes entstehen lassen zu können. Dabei spielt auch die Erkenntnis mit, dass materielle Dinge in den wenigsten Fällen einen tatsächlich persönlichen Bezug zu mir haben, sie sind ersetzbar. Anders war es mit Dingen, die ich selbst gemacht habe oder die lebendig waren – wie jetzt ein paar meiner Pflanzen. Hier wurde mir deutlich, wie ein emotionaler Bezug hergestellt wird, wenn die eigene Energie in das Entstehen hineingegeben wurde und somit zu einem Teil von mir selbst wurde.

Das bedeutet gleichzeitig auch, dass Veränderung und Wachstum immer etwas lebendiges ist!

Möchte ich in diesem Prozess „tote Materie“ oder „abgestorbene Gewohnheiten“ mitnehmen? Was macht mich aus, als lebendiges Wesen, und was ist schon längst vergangen und nicht mehr „lebhaft“ im Sinne von beseelt, wachsend und kreativ?

Die Reaktionen auf unseren Entschluss, nach Schweden auszuwandern, waren recht aufschlussreich. Die meisten fanden es schlichtweg mutig, es tatsächlich zu tun, anstatt nur davon zu sprechen, dass man es gern würde. Mag sein, dass zu einem Entschluss auch der Mut gehört, zu dem einen Ja und damit automatisch zu dem anderen Nein zu sagen. Aber ist es nicht viel mutiger, in einer Routine stehen zu bleiben, die dir zunehmend die Energie raubt, weil keine Entfaltungsmöglichkeit mehr besteht? Zu sehen, wie die Chancen auf Wachstum schwinden, und nichts dagegen zu unternehmen? Es hat nichts damit zu tun, dass wir einer unangenehmen Situation aus dem Weg gehen wollen im Glauben, es woanders leichter zu haben.

Es geht darum zu erkennen, ob die Schwingung, in der wir uns befinden, noch mit der inneren Stimme harmoniert und sich automatisch dahin zu bewegen, wo diese Harmonie wieder fühlbar wird. Es ist kein „weg von“ sondern ein „hin zu“.

Der allerwichtigste Punkt an solchen tiefgreifenden Veränderungen ist allerdings das bedingungslose Vertrauen in eine höhere Führung. Sobald du deine Vorstellungen, wie etwas zu sein hat, beweglich lässt, kann das entstehen, was soll. Du kannst dir nur vorstellen, was der Kopf bereits kennt. Die Seele oder das höhere Selbst weiß da viel mehr Bescheid, was alles möglich ist. Nur ist es nicht immer hilfreich, von Anfang an zu wissen, was am Ende herauskommen soll. Die meisten würden erschrecken und sofort sagen „das traue ich mir nicht zu, das kann ich nicht“. Morgen sicher noch nicht, aber vielleicht in einem Jahr oder in zehn? Und bis dahin ist noch viel Zeit, sich sicher darauf zuzubewegen und alle Grundlagen zu bekommen, die nötig sind.

Wie erreiche ich dieses bedingungslose Vertrauen?

Entscheidend ist also, von allen bekannten Strukturen und Sicherheiten Abstand zu nehmen und sich nur auf die eigene klar ausgerichtete Frequenz zu konzentrieren, die automatisch das in mein Feld bringt, was ihr entspricht.

Darin liegt nichts geheimnisvolles, es ist schlichtweg nicht anders möglich, als dass das herauskommt, was ich eben hineingebe. Ein Zeichen dafür, dass ich geführt werde, sind Synchronizitäten: Wenn ich auf die Uhr schaue, und es ist 15.15 Uhr, 13.13 Uhr etc. Ich habe eine Frage und plötzlich stoße ich – ohne gerade gezielt danach gesucht oder gefragt zu haben – auf die Antwort. Das Thema, mit dem ich beschäftigt bin, springt mir von allen Seiten förmlich ins Gesicht.

Was ich bei vielen gehört habe, die auswandern oder vielleicht einfach nur weiter wegziehen, war das Thema Heimweh. Wie gehe ich damit um, wenn meine Heimat und mein Familien- und Freundeskreis nicht mehr unmittelbar erreichbar ist? Werden mir die Treffen fehlen, die gemeinsamen Feste und der Blick auf die Landschaft, in der ich so lange zuhause war?

Für einen Menschen mag das zutreffen, aber ich möchte hier als Walk-in sprechen: Ich kann mich noch an den Moment erinnern, als mir bewusst wurde, dass meine Seele nicht von hier ist, nicht hier geboren und aufgewachsen. Dass ich somit auch keine wirkliche Verbindung zu einer irdischen Familie habe. Dass meine richtige Heimat sehr weit weg ist und ich mich nicht einmal so richtig an sie erinnern kann. Dass im Prinzip niemand weiß, wer ich wirklich bin. Es war ein Moment wirklicher Einsamkeit … Diese Art Heimatgefühl hat ein Walk-in nicht, kann er nicht haben.

Es fällt mir nicht mehr schwer, Orte und Gewohnheiten zu verlassen und woanders neu anzufangen. Was sind schon ein paar Hundert Kilometer im Vergleich zu ein paar Lichtjahren oder einer anderen Dimension? Was bedeutet es schon, an einem anderen Ort neue Gewohnheiten kennenzulernen, wenn ich es doch geschafft habe, mit einem physischen Körper zurechtzukommen? Die größte Veränderung und das Einlassen auf eine völlig neue Erfahrung habe ich doch schon hinter mir!

Aber egal, ob du ein Walk-in bist oder nicht: Wir alle sind angebunden an unsere innere Führung und wissen genau, was uns gut tut und was nicht. Es gehört nicht Mut dazu, zu sich selbst zu stehen, sondern Liebe und Achtung vor den unendlichen Möglichkeiten, die uns in jedem Moment zur Verfügung stehen. Wichtig zu wissen ist nur, dass alles da ist. Auch wenn ich schon selbst davon gesprochen habe, dass wir vieles loslassen müssen, dürfen wir nicht vergessen, gleichzeitig anzunehmen.

Den Fokus vom Loslassen auf das Annehmen zu verändern, bringt all das in unser Feld, was die ganze Zeit schon auf uns gewartet hat.

Nilex A’Rhan

https://nilexarhan.blogspot.com/2018/11/bei-neuanfangen-frag-einen-walk-in.html