Lichtweltverlag: Ein Aufruf an die Spirituellen in der Pandemie (von Gerald Ehegartner)

An alle Spirituellen – ob inmitten von Glaubensgemeinschaften oder auch nicht: Kommt nach ‘unten’ zum Bodenpersonal und helft, die kaputten Böden wieder fruchtbar zu machen! Wir brauchen nicht nur eine neue Humus-, sondern auch eine frische Human- und Humorschicht. Es ist an der Zeit, sich zu positionieren und aufzustehen. Gehen wir in die Konfliktfelder und verbreiten dort Frieden. Die Werkzeuge der spirituellen Arbeit dĂŒrfen nun angewandt werden. Die mutige Visualisierung und der Aufbau einer neuen Welt sind dringend erforderlich, sowie zugleich ein mutiges Nein zu einer alten, kranken Welt not-wendig ist.

Beitragsbild © Andrea Percht

KristallwĂŒrfel des Aufstiegs wieder erhĂ€ltlich!

Lichtwelt auf Telegram 

Newsletter hier abonnieren!


EIN AUFRUF AN DIE SPIRITUELLEN IN DER PANDEMIE!

Als Jesus die AussĂ€tzigen umarmte, die ausgeschlossen von der Mehrheitsgesellschaft ihr Dasein fristeten, schritten die Hohepriester ĂŒber eigens errichtete BrĂŒcken zum Allerheiligsten des Tempels. Sie wollten nicht mit dem gemeinen Volk in Kontakt geraten und ihre Reinheit riskieren.

Als Vivekanandas SchĂŒler sich in die Meditation versenkten, rĂŒgte er sie und trieb sie hinaus in die Welt, um ihren Schwestern und BrĂŒdern beizustehen. Sie sollten Meditation und Dienst am NĂ€chsten verbinden. Es wĂ€re aktuell die Zeit, so meinte er, das Leid der Welt zu verringern – und nicht selbstsĂŒchtig die eigene Verwirklichung anzustreben.

Diese wĂ€re genauso ĂŒber die Hilfe fĂŒr die Schwachen und Ausgegrenzten zu erreichen. Er lehnte das Kastensystem ab, das auch spirituell gerechtfertigt wurde.

Liebe Spirituelle, sehen wir aktuell nicht eine himmelschreiende Ungerechtigkeit in dieser Welt, erfasst uns nicht der „heilige Zorn“?

„Die Tiger des Zorns sind weiser als die Rosse der Belehrung“, schrieb der unvergleichliche und engelhafte Poet William Blake. Treiben wir die HĂ€ndler der Pandemie mit heiliger Wut aus unserem inneren Tempel?

Setzen wir uns mutig ein fĂŒr eine bessere Welt?

Oder ziehen wir es vor, uns – in einer Art selbstgerechter Haltung – in einen spirituellen Schrebergarten zurĂŒckzuziehen?

Wollen wir uns nicht schmutzig machen? Keine tiefschwingenden GefĂŒhle spĂŒren? Uns nicht positionieren?

Wollen wir ausschließlich in reinem Licht baden, wĂ€hrend die Gesellschaft vor die Hunde geht?

Der Boddhisattva verzichtet dank seines MitgefĂŒhls auf die persönliche Erleuchtung. Er verpflichtet sich, allen Wesen zu helfen, bis auch der Letzte unter uns erleuchtet ist. Doch was machen wir?

Sind wir neben den KĂŒnstlern und Intellektuellen die nĂ€chste herbe EnttĂ€uschung? Und ja – wir sind es. Viele sprechen aktuell von einem Totalversagen der Intellektuellen. Wie werden sie wohl ĂŒber uns „Spirituelle“ sprechen?

Was ist von uns angesichts faschistoider, geistentleert transhumaner Entwicklungen zu hören, die die Gesellschaft spalten, das Vermögen der Allerreichsten nochmals verdoppeln, Natur und Mensch als Ressource missbrauchen usw.?

Dröhnendes Schweigen!

Galant umschweben wir auf Wolke sieben die derzeitigen Felder des Konflikts, die den Boden fĂŒr eine Technokratur aufbereiten. In Weiß gekleidet wollen wir uns nicht schmutzig machen. Wollen wir etwa auch nicht Farbe bekennen?

Und wir meinen, der PolaritĂ€t zu entkommen, wenn wir die FĂŒĂŸe nicht auf den Boden kriegen. Lieber ziehen wir Karten, rĂ€uchern unser inneres GefĂ€ngnis des RĂŒckzugs, sitzen die Meditationskissen platt und hören betörende Synthesizer-Musik. Wir meditieren so lange, bis der Geruch der (angst)vollen Hose irgendwie nach Weihrauch zu duften scheint. Wir verwenden ausschließlich positive Sprachcodes, um ja nicht als unspirituell zu gelten. Wir haben uns verfangen in einem Netz der spirituellen Korrektheit, die uns wichtiger scheint, als die Empathie fĂŒr uns und unsere Mitmenschen.

Und so finden wir keine ehrlichen Worte mehr, um das Leid zu benennen.

Wir denken ja ausschließlich positiv. Mit „positiver Gewalt“ betonieren wir die natĂŒrlichen Lebenswege gerade. Wir wenden uns ausschließlich dem Licht zu und spalten den Schatten ab, ignorieren das Leid in der Welt. Das Wissen und die Wahrnehmung darum könnte uns nach unten ziehen. Und so schĂŒtzen wir unsere Kinder und Jugendlichen nicht, die einem Corona-Todeskult geopfert werden.

Treibt es uns keine TrĂ€nen in die Augen, wenn Kinder und Jugendliche die Psychiatrien ĂŒberschwemmen? LĂ€sst es uns kalt, wie wir mit unseren JĂŒngsten und den Ältesten in dieser Zeit verfahren?

Oder behaupten wir, angeblich Neues aufbauen, statt Altes zu bekĂ€mpften. Dann mĂŒssen wir aber beim Wort genommen werden und liefern. Nur, es ging niemals darum, einfach dagegen zu sein.

Es geht darum, aufzustehen, das Licht nicht unter den Scheffel zu stellen und vielleicht erstmals auch Kante zu zeigen. Ein klares Nein kann auch ein Ja fĂŒr das Leben bedeuten.

HĂ€tte Jesus keine klaren Worte gesprochen, so wĂ€re er unbeschadet alt geworden – ein gern gesehener Gast bei den damals MĂ€chtigen, aber völlig unbekannt fĂŒr die Weltöffentlichkeit. Er schwieg aber nicht und sprach himmelschreiende Ungerechtigkeiten an.

Dietrich Bonhoeffer meinte im Angesicht des Nazi-Schrecken-Regimes: “Schweigen im Angesicht des Bösen ist selbst böse: Gott wird uns nicht als schuldlos betrachten. Nicht zu sprechen ist sprechen. Nicht zu handeln ist handeln.”

Albert Einstein sagte: „Die Welt wird nicht bedroht von Menschen, die böse sind, sondern von denjenigen, die das Böse zulassen.“
Wir können nicht lÀnger schweigen, die Schatten umschiffen, GoldblÀtter auf Wunden legen. Dies ist eine selbstgefÀllige TÀuschung. Verwechseln wir Ignoranz, SelbstgefÀlligkeit und Angst nicht mit einer SpiritualitÀt, die so flach ist, dass niemand darin eintauchen kann. Der geheilte Schatten verleiht Tiefe, das Licht Höhe.

Es ist Zeit, in die Scheiße zu greifen.

So wie Ramakrishna, der beim Anblick dieser in VerzĂŒckung geriet, da er in allem Gott erkannte. Gott ist nicht nur in heiligen Hallen, in exklusiven esoterischen Clubs, in hohen Welten zu finden. Das Eine ist ĂŒberall. Und Liebe bedeutet nicht, sich ausschließlich der Lichtarbeit zuzuwenden. Sie bringt Licht in den Schatten, sie heilt den Schmerz. Sie umgibt sich nicht nur mit Gesunden, denn gerade die Kranken brauchen den Arzt. Stehen wir doch endlich auf, mit den FĂŒĂŸen am Boden, geerdet und gehimmelt. Sehen wir klar das Unrecht, welches sich anschickt, sich international auszurollen. Erkennen wir doch das biotechnologisch-digitale GefĂ€ngnis, dessen Mauern gerade im Namen der Angst erbaut werden, um am Altar den Transhumanismus anzubeten.

Wir wissen nichts davon? Dann ziehen wir unseren Kopf aus dem Sand, wĂ€hrend wir von einer schönen esoterischen Blumenwiese trĂ€umten. Eine „schöne, neue Welt“ rollt nĂ€mlich heran, um die Herrschaft zu ĂŒbernehmen. Kein Wunder, dass uns viele fĂŒr große, spirituelle Vögel halten. Und dies ist meist nicht als Kompliment gemeint. Haben wir unser Herz, unseren Verstand, unsere Intuition im Namen der SpiritualitĂ€t vernebelt und verloren? Setzen wir doch unseren gottgegebenen Verstand mit unserem Herzen ein.

Wissen ist eine Hol- und keine Bringschuld.

Und glauben wir ja nicht, dass wir uns verstecken könnten. Sie werden uns holen, wenn wir nicht gemeinsam aufstehen. Erheben wir die Stimme und legen wir auch unseren Gehorsamskult ab. Ziviler Ungehorsam und die Liebe zur Freiheit sollten die Kleider sein, die wir tragen. Gehorsam gegenĂŒber Ă€ußeren AutoritĂ€ten ist eine Falle. Es ist die innere AutoritĂ€t, die fĂŒhrt. „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegenĂŒber dem Staat“, schrieb H. D. Thoreau in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In uns allen steckt ein Thoreau, ein Mahatma Gandhi, ein Martin Luther King, ein Nelson Mandela, eine Vandana Shiva. Wollen wir lebendig wie diese sein, oder aber das Leben meiden und gemĂŒtlich mit jenen unter dem Radar fliegen, die das ungesicherte Leben fĂŒrchten?

SpiritualitÀt darf rebellisch sein, sie ist es im Kern. Verwechseln wir nicht das Schwimmen im gesellschaftlichen Strom mit jenem im göttlichen.

Gegen den gesellschaftlichen Strom zu schwimmen kann bedeuten, wieder zur eigenen Quellen zu finden. Denken wir darĂŒber nach. Und glauben wir ja nicht, dass ein wenig Licht aus unserem spirituellen Versteck zu senden, die Welt aus den Angeln heben und retten wird.

Wenn der aufkeimende Faschismus in neuem Gewand besiegt werden konnte, dann nicht wegen uns, die wir abkömmlich waren – sondern wegen denjenigen, die den Mut fanden, auf die Straße zu gehen und/oder das Unrecht mit allen Mitteln auszuhebeln. Sie mögen uns zu laut, zu frech, zu unbequem gewesen sein. Wir mögen im gemĂŒtlichen Lauf der Herde nicht bemerkt haben, dass sie verfolgt wurden, ihre Jobs verloren und angeprangert wurden. Aber sie waren es, die wirkten. Erinnern die Versammlungen, die Jeshua ben Joseph alias Jesus, der Christus, anfĂŒhrte, nicht an heutige friedliche Demos? Diese waren nicht genehmigt, seine AnhĂ€nger wurden als Spinner abgetan. Die Menschen damals waren bitter enttĂ€uscht von den Machthabern, der Politik und der Priesterkaste. Jesus forderte mit seiner unvergleichlichen Art die imperiale Politik Roms heraus, wie auch die kollaborierende jĂŒdische Oberschicht. Jesus bezog in Liebe Position. Ein Akt des MitgefĂŒhls, der den Herrschenden den Schweiß auf ihre Stirn trieb. Positionieren wir uns auch in Liebe? Und folgt die Kirche Jesu Spuren, oder kollaboriert sie wie die religiösen Machthaber zur damaligen Zeit?

Wenn das milliardenschwere Kartenhaus zusammenfÀllt,

dann nicht wegen uns, sondern wegen denen, die mutig in dieses hineinblasen konnten, obwohl man ihnen die Maske der KonformitĂ€t aufzwingen wollte. Und dann, wenn alles gut wird, werden wir zĂ€hneknirschend feststellen mĂŒssen, dass vielleicht nicht wir die Spirituellen waren – sondern vielleicht jene, die mutig vorangingen, weil sie instinktiv spĂŒrten, dass Mut und Empathie eine spirituelle Kategorie sind. Und wir werden bitter erkennen mĂŒssen, dass wir einem Etikettenschwindel erlegen sind.

Dann wird es, spĂ€t aber doch, an der Zeit, sich zu bedanken bei all denen, deren Einsatz die Welt zu einem besseren Ort gemacht hat. Ja, auch die dunklen Gestalten im globalen Spiel spiegeln unser Ego und sind Schwestern und BrĂŒder aus der einen Quelle. Sie verdienen genauso unser MitgefĂŒhl. Aber verwechseln wir nicht die Ebenen und ruhen uns aus auf einem mentalen Kissen. Verhelfen wir dem Leben zu einem freien Ausdruck, helfen wir unseren leidenden Kindern. Sie und das lebendige Leben haben es verdient.

An alle Spirituellen – ob inmitten von Glaubensgemeinschaften oder auch nicht: Kommt nach „unten“ zum Bodenpersonal und helft, die kaputten Böden wieder fruchtbar zu machen! Wir brauchen nicht nur eine neue Humus-, sondern auch eine frische Human- und Humorschicht. Es ist an der Zeit, sich zu positionieren und aufzustehen. Gehen wir in die Konfliktfelder und verbreiten dort Frieden. Die Werkzeuge der spirituellen Arbeit dĂŒrfen nun angewandt werden. Die mutige Visualisierung und der Aufbau einer neuen Welt sind dringend erforderlich, sowie zugleich ein mutiges Nein zu einer alten, kranken Welt not-wendig ist.

Und ja: Gebet wie Meditation sind enorm kraftvoll. Aber sie sind aktuell wohl nicht dazu gedacht, um abzuheben und zu flĂŒchten. Sie dĂŒrfen vielmehr die Welt transformieren. Wir sind jetzt aufgerufen, in die Welt hinauszugehen und Gesicht zu zeigen.

Ein RĂŒckzug alleine ist zu wenig. Der Wasserlotus erblĂŒht nur an der glatten, stillen OberflĂ€che. Wir jedoch sind der Feuerlotus, der auch auf bewegter See zu blĂŒhen vermag. Dienen wir der natĂŒrlichen Freiheit und nicht einem kĂŒnstlichen Gehorsam! Tragen wir die Fackel der spirituellen Freiheit mitten hinein ins Leben! Das ist unser MeisterstĂŒck.

Wir sind nicht dazu gemacht, brave Schafe und funktionierende Roboter zu sein. Unser Erbe ist nicht eine kĂŒnstliche Matrix. Unser Erbe ist die Verbundenheit mit allem Lebendigen in Freiheit und Liebe. Auf das Menschsein!

(Erschienen, am 28. Februar 2022 bei Gerald Ehegartner. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors. Einzelne Hervorhebungen in diesem Beitrag von JJK.)

https://lichtweltverlag.at/2022/03/19/ein-aufruf-an-die-spirituellen-in-der-pandemie/