Müssen wir wirklich ALLES loslassen? Lichtweltverlag

Von Herberge zu HERBERGE

„Der Weise sehnt sich deshalb nach nichts und niemandem und bindet sich nicht an Dinge, denen eine Bindung nicht zusteht. Wende all dein Sehnen und all deine Herzensbindung Gott zu. Für alles andere gilt: Liebe ein Ding so, wie es einem Ding zusteht, nicht mehr. Liebe Menschen als die Menschen, die sie sind, nicht mehr. Wenn du dein Herz stärker an sie hängst, spricht daraus nur deine Unkenntnis über deine wahre Natur. Nur für kurze Zeit kannst du so tun, als gehöre dir das Haus, das du gemietet hast. Sobald die Mietperiode abgelaufen ist, übernimmt es ein anderer. Wenn du über diese Zeilen nachdenkst, wird dir klar werden, dass dein Mann, Frau, Kinder, Verwandte und Besitztümer dir nicht lange angehören. Sie gehören dir nur kurze Zeit.

Weshalb also das Leben damit vergeuden, sich um diese unbeständigen Dinge zu sorgen? Auch ein Millionär kann nur so viel essen, wie sein Magen fasst, nicht mehr.

Der Mensch muss seinen Aufenthalt auf dieser Welt so verstehen, als sei er ein Reisender, der bei Anbruch der Nacht in einer Herberge Zuflucht nimmt. Sobald der Morgen graut, zieht er weiter.

Er geht auf sein Ziel zu, von Herberge zu Herberge, macht eine Etappe nach der anderen. Es ist gut, das Leben unter diesem Aspekt zu sehen.“

(Sai Baba, Jesus und Sai Baba, S. 416 ff., Govinda Sai Verlag)

JJK: Diese inspirierenden Worte von Sai Baba habe ich heute, nachdem ich aufgewacht bin, aufgeschlagen. Wunderschön! Meine Frage: Wann wird die Liebe zu meinen Nächsten – wie Frau, Familie, Freunde – zur Abhängigkeit? Wie kann ich diese existenziellen Bindungen im Alltag loslassen? Schließlich ist man füreinander da und man erfreut sich an der Gegenwart von geliebten Menschen. Wo liegt also der Schlüssel zur Nächstenliebe in Freiheit?

SAI BABA: Der Schlüssel befindet sich in dir. Dein Bewusstsein ist der Schlüssel. Das bedeutet: Solange du innerlich auf Gott ausgerichtet bleibst und dir die Vergänglichkeit deines Menschenlebens im Alltag bewusst ist, bleibt deine Wahrnehmung rein und deine Nächstenliebe von Abhängigkeiten frei.

Wie blickst du auf dein Leben?

Kannst du aus übergeordneter Sicht auf dein Leben blicken und deine Beziehungen und Freundschaften aus der Vogelperspektive betrachten – oder bist du immer involviert? Das ist die Frage und an dieser Frage entscheidet sich, ob du Dinge und Menschen loslassen kannst – oder ob du diesen verfallen bist.

JJK: Wenn man einen geliebten Menschen verliert, das heißt, wenn er stirbt, dann schmerzt das ja trotzdem. Warum ist das so, wenn ich innerlich loslassen kann?

SAI BABA: Das ist die Natur des Menschen. Trauer und Freude sind Attribute im menschlichen Bewusstsein und diese gilt es zu erfahren und auszuagieren.

Auch dies macht den Menschen aus und macht ihn so besonders. Entscheidend ist, ob du in der Trauer stecken bleibst.

Ob ein Mensch wirklich loslassen kann, zeigt sich, sobald er etwas Wertvolles verliert. Wie geht ein Mensch mit Verlusten um, was entscheidet er zu fühlen und welche Antwort gibt er auf diese Situation? Davor ist alles reine Theorie.

LOSLASSEN – das Modewort der Zeit

JJK: Loslassen ist ja in aller Munde, ein Modewort und in der Esoterik-Szene ein dominierendes Thema. Mir scheint es aber, dass viele „Gurus“ das Loslassen selbst gar nicht verwirklicht haben. Sie hängen an ihren Schülern und am Reichtum genauso, wie die etablierten Religionen an ihren Gläubigen und an ihren irdischen Schätzen hängen. 

SAI BABA: Wer selbst Verluste erfahren hat, weiß, wie sich dies anfühlt, und weiß, ob er loslassen kann.

Der Mensch bleibt so lange involviert, bis er neu entscheidet, indem er den Weckruf der Seele wahrnimmt und darauf entsprechend reagiert. Prediger gibt es viele, Verwirklichte sind rar gesät.

Weisheiten aus berufenem Munde sind für die Menschen eine große Hilfe, Halb-Weisheiten, denen keine eigene Erfahrung zugrunde liegt, sind für die Menschen unglaubwürdig. Deshalb sind wahre Gurus von unwahren Meistern und echte Glaubensgemeinschaften von unechten Gruppierungen klar zu unterscheiden. Heute ist es unmöglich, einem Menschen, der sich auf die spirituelle Suche begibt, dauerhaft etwas vorzumachen.

Die Zeiten ändern sich radikal und nur das Wahre hat vor dem Menschen Bestand.

JJK: Loslassen? Wir haben ja reichlich Möglichkeiten, das zu üben. Denn aufgrund des derzeitigen Wandels, sind wir ja aufgefordert, fast alles loszulassen.

Gibt es eine Bindung neben Gott? Ich meine, müssen wir wirklich alles loslassen?

SAI BABA: Die Liebe zu allem, was ist – in Freiheit! Du bist mit allem verbunden und doch bist du einmaliges, unendliches und allgegenwärtiges Bewusstsein. Irdische Verbindungen loszulassen und zu verstehen, dass die wahren Seelenfamilien weit über das Irdische hinaus verbunden bleiben, das ist die Erfahrung. Worum es dabei geht: zu lieben und frei zu sein, die äußeren Erscheinungen loszulassen und im Inneren die Verbundenheit mit allem, was ist, zu fühlen und zu leben.

Losgelöst vom Irdischen erschließt sich dir der Sinn, so folge deiner Sehnsucht bis zum Schöpfer hin.

SAI BABA

Originalbeitrag: https://lichtweltverlag.at/2025/08/20/muessen-wir-wirklich-alles-loslassen/