Leere. Magda Wimmer

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Noch einmal geht es um Dankbarkeit, denn wir dürfen jenem System, das uns so lange innere und äussere Heimat war und das jetzt auf jeder Ebene wankt und taumelt … unendlich dankbar sein, dass es uns mit dem Geschehen der letzten Jahre und Jahrzehnte einfach “ausgespuckt” hat. Das war vor allem in unserem Kulturkreis sehr schmerzhaft, weil wir zu den Privilegierten dieses Systems gehört haben. Das aber ist nun vorbei … und “im Tod” (auch eines Systems) sind alle gleich.  Es ist eine unglaublich heil-same Zeit – eine Phase, in der wir uns endgültig aus den alten Abhängigkeiten befreien werden.

Wir könnten jetzt und lange noch unendlich viel über die unzähligen Schieflagen „im System“ diskutieren und uns dabei den Kopf vernebeln lassen mit Dingen, die spürbar ausgelaufen sind und die ihr Ablaufdatum längst schon überschritten haben. Während die UNO noch ihre heisse Generalversammlung durchführt – es ist die Achtzigste und achtzig Jahre ist es her, dass der „letzte“ Weltkrieg geendet hat (!) – befinden wir uns bereits in einer Fortsetzung. Krieg, überall Krieg … tönt es. Das System hat sich selber den Krieg angesagt und die Menschen begreifen langsam, dass es hier nichts mehr zu gewinnen gibt.

Am Anfang des Monats gab es eine Mondfinsternis und es ging hektisch her. Paukenschläge überall … und was man als Last bis dahin geschultert hielt, rutschte plötzlich von dort geradeaus hinunter. Der Himmel war hierzulande an diesem Tag von früh bis spät vollgesprüht worden, sodass es uns erspart blieb, den verfinsterten Mond zu sehen. Es war eine grosse Chance, all das hinter uns zu lassen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, was auch wirklich wichtig und notwendig war.

Es war da von “Idle between the Eclipses” zu hören, von einem Leerlauf, einer Wartezeit, einer unproduktiven Zeit … zwischen den beiden Finsternissen. Und “erwartet das Unerwartete” war die zweite zentrale Anweisung, die der ersten Finsternis auf den Fuss folgte. Dazu gab es einen Traum von jemandem, der einen “medizinisch assistierten Suizid” begangen hat (wie man ihn der Menschheit momentan überall nahelegt) – das System, das sich gerade hoch-organisiert um sein Leben bringt.

Die Zeit zwischen den Finsternissen hat dann eine mächtige Welle mit sich gebracht, die so dynamisch war, dass sie oft nur über viel Ruhe und Rückzug zu handhaben war. Und mehr noch war es ein Gespür, dass es da plötzlich nichts mehr gibt: Es gab nichts mehr zu tun, es war nichts mehr zu lösen, kein Widerstand war notwendig … sondern einfach nur Hingabe an den Prozess, Stille, Akzeptanz und Loslassen. Das allerdings konnte herausfordernd genug sein.

Die Sonnenfinsternis ist gerade erst ein paar Tage her und da wurde diese Ausrichtung dann erst richtig greifbar. Trotz aller (künstlich aufgepauschten) Tumulte war es still geworden und was sich ausbreitete, war eine unglaubliche Leere … nichts als Leere. Da war nichts mehr: null, niente, rien, nada.

Es gab kein Vorher und kein Nachher mehr. “Die Dinge” waren namenlos, zeitlos, endlos, gedanken-los … geworden. Nichts war da mehr zum Festhalten und es gab auch keine Kraft dazu. Alles war gleich-gültig. Ein Sammlungspunkt war erreicht. Die Energie war vollkommen konzentriert – emotionsfrei und klar. Eine geballte Ladung von Leere, keine gelangweilte Leere.

Eine solche Leere ist unverhandelbar – anders als Fülle jeglicher Art. Es ist der Null-Punkt, der vor jeder Geburt eintritt (wozu auch der physische “Tod” gehört). Ein Punkt, den wir immer wieder erreichen müssen, wenn wir etwas beenden und etwas Neues beginnen wollen. Da gibt es kein Wollen, kein Denken und Tun mehr, sondern man IST einfach … da … leer … und doch voller Leben.

Das ist das Potential, in dem wir jetzt kollektiv stehen und das uns zur Verfügung steht. Das Alte kann sich selber überlassen werden und es wird sich von selber beenden, weil es dafür keinen Treibstoff mehr gibt. Dieses Potential enthält alle Möglichkeiten. Doch momentan braucht es nur unser Gegenwärtig-Sein in der Leere. Das wird uns reinigen und alle Lasten von uns nehmen. Es wird uns frei machen und uns aus dem Bisherigen er-lösen. Wir sind bereits mitten in diesem Prozess und es liegt an uns, dabei zu bleiben und Hingabe zu üben an diese Kraft, die sich Leben nennt und die immer schon ein Teil von uns ist.

Der Herbst ist die Zeit der Ernte und der Fülle… und wir dürfen jetzt ernten, was wir in diesem und vielen anderen Leben gesät haben. Es sind kostbare Erfahrungen und alles gehört dazu. Nichts ist zu minder oder zu schlimm. Alles ist Teil unseres Seins und unseres Bewusstseins. Es ist das, was wir mitnehmen, während sich im Zwischenraum der grossen Leere der Wandel vollzieht.

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