Magda Wimmer, Absurdistan

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Gedanken 20: Absurdistan

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“Absurd” bedeutete vor etwa dreihundert Jahren noch in etwa “misstönend” – etwas also, das anders tönt, als normal und das deshalb eine Störung des normalen Befindens, des normalen Alltags und Lebens… hervorruft, die mitunter ziemlich unangenehm sein kann. Wobei natürlich der Zustand “normal” immer schon relativ war. Heutzutage gibt es eine ganze Menge von Synonymen, wobei keines davon an das heranreicht, was das Wort “absurd” in uns anzulösen vermag. Die Phrase “dem gesunden Menschenverstand widersprechend” reicht am ehesten an seine Bedeutung heran.

Absurdistan ist die Vervielfachung von absurd bis zur Potenz. Und wenn es nur paradox, überspannt, misstönend, illusorisch, widersinnig, fratzenhaft, usw. wäre, würde auch keiner davon sprechen. So aber dreht sich alles um Absurdistan und was sich nicht dreht, fliegt raus.

Absurdistan ist ein Land, das umgeben ist von Bergen und inmitten von uns allen liegt. Es befindet sich deshalb auch in den Tälern, auf den Ebenen und in den Ballungsräumen von Menschen, genannt “Städte”. Im Prinzip also kann man es überall finden.

Würde man Absurdistan einmal für eine Weile verlassen, dann wäre das zunächst ziemlich ernüchternd. Dort wird unserer Sensationsgeilheit nämlich kein Bröselchen mehr geboten und sie würde schneller verhungern, als uns lieb ist. Ähnlich würde es der in den letzten Jahrzehnten erzeugten Gewohnheit ergehen, dass wir dauer-entertaint und berieselt werden müssen. Brot und Spiele sowie domptierter Sport mit extra-teurer Ausstattung waren unser wohlverdienter Ausgleich für die Sklavenarbeit, die wir im Akkord zu leisten hatten. Ausserhalb von Absurdistan aber wird kein Hahn mehr danach krähen.

Absurdistan ist das Undenkbare zum Quadrat und irrwitzig zum Kubik… und es ist so wahnwitzig absurd, dass es mit bisherigen Realitäten nicht mehr vereinbar und deshalb mit ihnen inkompatibel ist. Was vorher war oder anderswo ist, existiert einfach nicht mehr. Deshalb ist Absurdistan das Traumland so vieler, vor allem aber der Herrscher des Irrsinns und der sinn- und denk-leeren Generationen.

In Absurdistan passen links und rechts nicht mehr zusammen und die linke Hand weiss dort nicht, was die Rechte tut. Es ist das Land, in dem nichts mehr Hand und Fuss hat. Und unsere Version von Absurdistan (hier in Österreich) bricht täglich gerade alle Rekorde. Wir sind abolut stolz darauf.

Absurdistan ist das Land, das fernab jeglicher Realität liegt und es kann deshalb jederzeit neu ausgerufen werden, ohne dass sich jemand noch an seinen vorherigen Zustand erinnern würde. Es hält seine Menschen mit einem wahren Feuerwerk an ununterbrochenen Unglaublichkeiten auf Trab… wissend, dass man ihrem Dasein ständig mit dem Pinsel der Absurdität eine “neue Normalität” aufmalen kann, Strich für Strich und ohne, dass sie es merken.

Geht man aus Absurdistan hinaus, wirkt alles schnell blass und langweilig: keine Unterhaltung mehr, keine Dauer-Lautsprecherbeschallung. Das absurde Geschrei am bunten Markt von Politik und Expertentum, aus Götterhimmeln in weiss und schwarz, vom Kunst- und Kulturparadies, von den Einbildungszentren… würde ganz einfach verhallen und das Kartenhaus einer künstlichen Realität würde raschelnd in sich zusammenfallen. Tabula rasa – nichts davon hätte ausserhalb Bestand.

Der Himmel über Absurdistan aber ist voll mit farbigen Luftballons, von denen jeder seine eigene Wahrheit offenbart, sobald er zerplatzt. Idyllisch breitet sich in diesem Land die Kultur einer wirbelnden Massenpsychose aus und seine Bewohner sind die treuesten Anbeter des gottgleichen Gesundheitskultes, der jeden Anflug an Krankheiten im Keim erstickt. Täglich stehen sie staunend vor Absurdistans neuen Kreationen.

Absurdistan ist eine Welt, die man liebt, wenn man die selig-machende Eigenschaft besitzt, nicht selber denken zu müssen. Es lässt sich darin wunderbar träumen von einer himmelblauen Zukunft in absehbarer Zeit… in der rosarote Elefanten das Verhalten der Menschen reglementieren und grasgrüne Frösche zum Quakkonzert ansetzen, sobald einer eine falsche Bewegung macht.

Absurdistan ist ein Land, das so unverkennbar “global” ist, dass man es fast für eine ausserirdische Einrichtung halten würde, wenn man nicht besser wüsste, dass seine Bewohner in keinem Fall “Aliens” sein können. Soviel Absurdität wäre selbst hier nicht möglich.

Verlässt man Absurdistan, dann ist plötzlich keiner mehr da, der uns sagt, was wichtig ist. Keiner, der uns zum Star machen wird, zum Wichtikus oder zum Konsumenten, zum Touristen, zum Steuerzahler, zum Verbraucher. Ohne Rollen und ohne Ziel steht man dann plötzlich da, als hätte einen das Leben höchstpersönlich ausgespuckt. Und man könnte glauben, dass man nackt sei… weil man nur mehr auf sich selber reduziert ist.

Absurdistan, dieses einmalige Land, weist jeden Verdacht auf eine allgegenwärtige grotekse, hirnverbrannte oder wahnwitzige Wirklichkeit weit von sich. Damit ist ein für alle mal klar gemacht, dass nur Absurdistan die einzig gültigen Zutrittskarten zur einzige wahren Realität und Normalität auszugeben hat. Kein Trick ist dort zu billig, um angewendet zu werden, kein Preis zu hoch, um die Lügen zur Wahrheit umzuschminken.

Und Absurdistan verteidigt seine Grundsätze, die es nun mal so bravourös erfunden und zur allgemein verpflichtenden Wahrheit erhoben hat. Würde jemand versuchen, daran zu rütteln, so hätte er das bestimmt zum letzten Mal gemacht. Dann nämlich würde mit ihm aufgeräumt werden… Die Bewohner hüten sich deshalb unterwürfigst vor einem solchen Fehltritt.

Keiner, der jemals in Absurdistan war, würde behaupten, dass dort ein Stein auf dem anderen geblieben ist. Vielmehr fliegen dort dem normalen Menschenverstand in einem fort die Fetzen um die Ohren. Was zuerst für Tiere galt, gilt dort jetzt auch für Menschen: Maulkorb (innerer und äusserer), Ohrchip, Impfung. Und die lange Leine wurde auf null verkürzt. Stattdessen gilt jetzt Abstandhalten. Auf Absurdistan kann man sich da verlassen.

Reisst man jedoch aus Absurdistan aus, reist man umgehend in die eigene Welt. Das ist wie eine Totalbremsung und es kann sich wie ein Salto mortale anfühlen, dessen Folgen kaum abzusehen sind. Jedenfalls aber schaut man nach einem solchen Sprung in eine ganz andere Richtung – ohne Anknüpfungspunkt an das, was vorher war. Kein Schaffner wird kommen, um die Fahrkarte zu kontrollieren, keine Grenzkontrollen einen Pass. Und der grenzfreie Raum kann sich zunächst wie eine Überforderung anfühlen. Doch man gewöhnt sich mühelos daran.

In Absurdistan kann man alles sagen, vorausgesetzt man spricht seine Sprache, nämlich Absurdisch – was allerdings die Wenigsten dort tun. Alle anderen lauschen fasziniert und sehen den Mund der Sprechenden auf und zu gehen, während sie weniger als gar nichts verstehen. Eine solche Sprachkenntnis ermöglicht es dann natürlich diesen Auserwählten, alles zu tun, was sie wollen… weil sowieso keiner versteht, was gemacht ist. So ist Absurdistan nun mal.

Absurdistan ist ein Wonneland für schwache Gestalten und Angstbürger, die sich am liebsten an die ausgestreckten Krallen ihrer Dompteure hängen, um gehalten zu werden, ohne dabei zu merken, wie man sie zerdrückt. Und es gilt dort: Je absurder, desto besser. Je schriller, desto teurer. Und je wichtiger, desto unerreichbarer.

Absurdistan ist ein Land, in dem man jeden Widerstand und jegliches Ausweichen des Volkes aus seinem Zwinger mit neuen Verordnungen und “Novellen” beantwortet. Damit kann man ihm jeden Weg abschneiden. Der Wahnsinn, den Absurdistan seit dem letzten Krieg aufgebaut und verbreitet hat, trägt nun seine Früchte: die süsstesten Früchte, die man sich vorstellen kann.

Verlässt man Absurdistan, dann fallen einem die Früchte nicht mehr von selber in den Mund. Vielmehr muss man ihn aufmachen und ihn dazu verwenden, wozu er da ist: zum selber Sprechen, wozu das Selber-Denken allerdings Voraussetzung ist. Dort draussen braucht man keine Sprachrohre mehr, weil die Worte innerlich widerhallen und dabei ihren eigenen Klang erzeugen. Je intensiver und weitreichender der Klang, desto weiter auch die eigene Ausstrahlung. Das geht dann Hand in Hand… und jeder ist sich dort selber sein Meister.

Absurdistan erzeugt in einem fort die irrsinnigsten Wellen, zu denen es fähig ist, denn dort ist alles möglich und nichts ist mehr fix. Das Ganze ist lange schon und von vorne bis hinten geplant. Planlos aber zeigen sich jetzt seine Bewohner, weil sie Abweichungen in keiner Weise gewohnt sind. Und so rufen sie nach der starken Hand der absurdistanischen Gründerväter.

Absurdistan ist so pervers, dass einem beim blossen Hinschauen schon übel wird und sein grottenschlechtes Drehbuch müsste selbst einfachen Gemütern aufstossen. Aber sein künstlicher Glanz wird täglich so hinpoliert, dass keiner es wagt, anders zu denken, als Absurdistan es vorgibt.

Das Absurdeste an Absurdistan aber ist, dass die Menschen sich seinem täglich nur noch absurder werdenden Diktat fraglos unterwerfen und so tun, als ob das alles “völlig normal” wäre. Wenngleich sie auch genau spüren, dass sie “ihrem Gefühl” nicht mehr trauen können. Aber was ist schon Gefühl? Solange der schlaue Kopf sagt, dass “die da oben” ja irgendwie Recht haben müssen, werden die Gefühle ganz einfach nicht zugelassen. Und der wirklich denkende Verstand sowieso nicht.

Macht man jedoch einen kleinen Spaziergang aus Absurdistan hinaus, dann wird man feststellen, dass man nie wieder dorthin zurück kommen will, denn lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Der Schrecken besteht allerdings nur darin, dass man erkennt, wie lange man in diesem absurden Reiche verharrt hat, ohne mit der Wimper zu zucken. Doch einmal tief durchgeatmet und Freiheit gerochen… ist bereits der Anfang vom Ende dieser absurden Welt.

Absurdistan ist ein Reich, in dem nicht nur “Geiz geil” ist, sondern auch das zunehmende Zerfressen von Grund- und Menschenrechten, um eine importierte Lüge so lange aufrecht erhalten zu können, bis dieses glorreiche Reich dabei selber zerfällt. Was danach kommt, weiss keiner und will auch keiner wissen.

Absurdistan wird von allen regierungseigenen Propagandastuben über den grünen Klee gelobt und dermassen hoch-gepriesen, dass es über jeden Zweifel erhaben ist. Damit aber hat es Weltruhm errungen, woraufhin die bisher auf Europa beschränkte Hymne nun zur neuen “Internationale” umgewidmet worden ist: “Seid umschlungen, Millionen” schallt es jetzt durch die absurden Tempel, wenn der erlösende Pieks gesetzt wird – der seligmachende Akt, welcher alle Menschen der wunderbaren Welt von Absurdistan einverleibt.

Absurdistan wird nämlich demnächst zu jener “neuen Welt” mutieren, die geordnet aus dem Impfchaos hervorgehen wird. Sobald dann im Körper der Absurdistanesen jene Vielfalt von kleinen Gen-Monsterchen in ihren Zellen zu summen beginnt, die ab dann alles richten wird… sind die feuchten Träume der Transgen-deristen, äh Transhumanisten, in Erfüllung gegangen. Auf immer ergeben werden ihnen besagte Kreaturen dann zu Füssen liegen und sie werden glücklich sein, dass sie endlich vergessen können, was bisher war.

Ist man aus Absurdistan einmal draussen, fangen einerseits zwar die Herausforderungen erst an. Andererseits aber wird die Wonne einer Freiheit spürbar und sichtbar, die wir alle als Kinder noch gekannt, dann aber zunehmend vergessen haben. Und wir können uns nun ins grüne Gras legen, wie wir es damals als Kinder gemacht haben… und Träumen von der Welt, die wir haben wollen. Das ist dann der Beginn des grossen Abenteuers, in das wir jetzt hineingehen, nachdem wir Absurdistan verlassen haben, um selber wieder das Steuer in die Hand zu nehmen.

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