Marie Koe: „Das Wut Monster in mir“

Das Wut Monster

Ich trage eine Wut in mir, die in meiner Familie Generation für Generation abgelehnt, unterdrückt aber auch weitergegeben wurde.
Eine Wut, die ich mit dem weiblichen Geschlecht in Verbindung bringe und dessen Quelle ich in der Unterdrückung, Mißbrauch, fehlende Wertschätzung, Opfer und Täter Rollen, Hilflosigkeit gefunden und erkannt habe.

Wut ist etwas wovor ich mein Leben lang versuchte mich zu distanzieren und gefürchtet habe.
Insbesondere von meiner eigenen Wut, denn ich kannte die Grösse meines Wut Monsters nicht. Also verschlossen auch ich es in mir drin ganz tief und so gut wie ich konnte.

Die Wut meiner Mutter und meiner Oma zeigte mir nur negatives wie Gewalt und Hass und lehrte mich, dass ich wertlos sei.

Sie machte mich klein und nahm mir das Selbstwertgefühl, nahm mir die Möglichkeit Kind zu sein, zu träumen und machte mich ihnen und Anderen gegenüber gehorsam.
Ihre Wut zeigte mir wie frustriert und enttäuscht sie vom Leben sind, dass sie in der Wut die Kontrolle verlieren, obwohl sie doch Kontrolle über ihr Leben zu erzwingen versuchten und gleichzeitig erkannte ich wie hilflos sie eigentlich sind.

Ja, Wut hat eine grosse Wirkung auf mich.

Die Wut meiner Familie und besonders die meiner Mutter und Oma zu spüren lehrte mich dass ich ein liebes Kind sein MUSS.
Sie lehrte mich, mich anzupassen, hellfühlig und am besten unsichtbar zu sein. Sie lehrte mich nicht zu widersprechen, sondern zu dienen, egal um welchem Preis. Zu schweigen und und zu ertragen.

Damals als Kind habe ich diese Gewalt als Puffer für ihre Frustation geduldet, doch ich erkenne heute, dass ich aber auch keine andere Wahl gehabt hätte.

So lernte ich von ihnen meine eigene Wut zu unterdrücken, zu verschließen und wenn sie hochkommt sie gegen mich zu richten.
Ich wuchs auf und glaubte als Heranwachsende, ich könne /darf nicht wütend sein. Wut ist böse, doch ich aber bin gehorsam und lieb.
Ich konnte nicht wütend auf Andere sein, aber konnte wütend auf mich selbst sein.

Es hat lange gedauert eine Wut auch für all die Ungerechtigkeiten die sie mir angetan und zugelassen haben in mir zu erkennen und sie raus zu lassen.

Diese Wut zu fühlen und sie mir zu erlauben. Ich hab als Kind verdammt viel ertragen müssen und die Verantwortung der Erwachsenen übernommen ohne etwas gegen tun zu können. Deren Wut, Frustration, Ängste, Sorgen all das was sie nicht tragen könnten, bekam ich übertragen.

Als ich erwachsen wurde lernte ich, dass sie sich um mich hätten kümmern müssen, dass sie Pflichten und Verantwortung mir gegenüber gehabt hätten und umsetzen gemusst hätten. Sie hätten mich beschützen und gestärkt aufs Leben vorbereiten müssen und nicht ihren eigenen Ballast bei mir ablagern.

Meine Enttäuschung darüber weckte meine Wut in mir.
Ich war sauer, wütend, hasste sogar und war dann wieder still.
War bei mir.
Doch da ist noch mehr. In mir dir.
Die Angst vor der Wut, die ist gross.
Die Angst vor mir selbst. So sehe ich die Wut hin und wieder und fürchte mich vor ihr.
Fürchte mich, das ich ein Monster bin oder durch sie zum Monster werde. Fürchte mich, sie nicht mehr bändigen zu können, wenn ich ihr etwas mehr Raum lasse.

Als Ehefrau lernte ich die Wut aus einer anderen Seite kennen. Nicht mehr als Kind, sondern als Frau. Ich lernte Egoismus, Kontrolle, Manipulation, Narzissmus kennen.

Dies wurde mir bewusster und ich erkannte meine Muster, gespeichert aus der Kindheit, gelebt in „Heute“.
Ich war die kleine, die gehorcht, alles erduldet, versteht und akzeptiert, verzeiht und ihren eigenen Wert weiterhin verliert.

Doch als ich Mutter wurde, bekam ich den klarsten Spiegel überhaupt.

Ich durfte mich aus einer sanften, liebevollen, fürsorglichen und geduldige Seite kennen und lieben lernen. Ich würde Mama einer wundervollen Tochter, aber auch meine eigene.
Das Leben bietet aber mehr und fordert mich weiter heraus.
So lernte meine Tochter von dem was wir ihr vorlebten.
Sie übernahm Wut, Frustation und Egoismus und spiegelte es mir. Sie kopierte den Umgang zwischen uns und begann so zu mir zu sein, wie es Andere Taten und wie ich es Anderen erlaubt hab.
Ich war erschrocken und fühlte mich als Opfer. Sie die Starke, ich die Schwache.
Ich fühlte mich ohnmächtig und glaubte ich hätte versagt und verloren.
Wollte am Leben zweifeln, bis ich ein Gespräch mit einem Freund führte der mir erklärte, dass alles in bester Ordnung ist.
Das alles seinen Sinn hat. Und meine Tochter nicht hätte anders sein können bislang, aber das ich die Möglichkeit habe sehr wohl etwas zu verändern. Das ich kein ohnmächtiges Opfer bin, sondern zu handeln fähig bin.

Und plötzlich erkannte ich, dass ich wirklich nicht das Opfer bin sondern fast zum Täter wurde.

Fast hätte ich auch meiner Tochter meine unterdrückte Wut und all das unausgespochene, unterdrückt und verdrängte übertragen.
Meine eigene Verantwortung für mich und sie ihr selbst überlassen und wäre daran verzweifeln, weil ich gescheitert wäre.

Aber dem ist nicht so. Ich bin kein Opfer und kein Täter.

Ich bin erwachsen und übernehme / trage Verantwortung.
Meine eigene und die für meine kleine Tochter. Alle anderen gebe ich wieder zurück,an den Menschen, die sie mir ihre aufzuzwingen versuchten und immer noch versuchen.
Ich lerne immer mehr bei mir zu bleiben, zu reifen und mich zu erkennen wer ich wirklich bin.

Seitdem ich dies erkennen durfte bin ich wieder geduldiger, liebevoller, verständnissvoller und konsequenter mit meiner Tochter aber auch mit mir selbst.

Ich versteh nun auch das meine Oma und Mutter nicht anders konnten. Sie sahen ihre Möglichkeiten nicht, aber ich kann und arbeite daran zu verändern und zu heilen. Ich heile sie, mein Kind und mich selbst und erkenne dabei dass das Leben so wie es ist, genau richtig ist. Alles macht Sinn. Auch dann wenn ich als Mensch nicht alles verstehe.

Aber das muss ich auch nicht. Ich als Mensch geh Schritt für Schritt während der Herr mich führt.

@MariaKoe

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