Christiane Clauss-Ude: „Das Ende in Sicht?!“

Hallo Klardenker,

es herrscht Endzeitstimmung – das Jahr ist in seinem letzten Monat angekommen und überhaupt geht so manches bergab. Bei der Flut der nachgerichteten Meldungen könnte man meinen, dass es einfach kein Morgen mehr gibt, für das es sich lohnt weiter zu machen.

Der Soziologe und Politikwissenschaftler Prof.Harald Welzer stellte im Interview fest, dass die Publizierenden und öffentlich Argumentierenden eine Zukunftssicht „designt“ haben und dass sie einen entscheidenden Anteil daran haben, dass laut Umfragen, viele heute die Zukunft als etwas Negatives sehen: “Zukunft ist ja gefühlsmäßig und auch durch solche Kommunikation etwas, was man besser vermeidet….Es macht ja keinen utopischen Raum sondern einen dystopischen….“

Er erlebt in Diskussionen immer wieder, dass Vertreter der nächsten Generation keine Visionen formulieren können – sie der Zukunft beraubt wurden?

  • Die nächste Arbeitslosenwelle steht bevor
  • die Zahl der Obdachlosen wird steigen
  • die Schere zwischen Arm und Reich geht stetig weiter auseinander
  • die Altersarmut betrifft uns alle – Messerstecherei und Familiendrama
  • Fahrradfahrer gegen Autofahrer
  • Gift im Essen, im Baustoff, im……
  • Aufrüstung und sich anbahnende Kriege in allen Himmelsrichtungen
  • wir werden zu Tode geimpft
  • die totale Überwachung
  • die nächste Flüchtlingsflut
  • das Klima……

…das war nur eine kleine willkürliche Auswahl – und alles stimmt.

Unser Land ist zerrissen, hat sich spalten lassen und dem Gros der Bevölkerung wurde das Schubladendenken Stück für Stück noch tiefer implantiert. Eine eigene Meinung zu haben und zu äußern ist inzwischen so mutig, wie es zu finstersten Ostzeiten war. 30 Jahre nach dem offiziell gefeierten Mauerfall erstarkt ein neues Unverständnis zwischen Ost und West. Bestes Beispiel ist der gesteuerte Verhöhnung der „Dummheit“ DER Sachsen, die das Falsche wählen. Noch viel zu Wenige nutzen ihren Stand und Bekanntheitsgrad in den Medien, um diesen geschürten Vorurteilen entgegen zu treten.

Nichts scheint mehr im Gleichgewicht, also sind wir es auch nicht.

Nimmt man all die Entwicklungen zusammen, ist es nicht wirklich leicht, positiv in die Zukunft zu blicken. Widerstand scheint heute, mehr denn je, zu bedeuten, nicht für, sondern gegen etwas zu sein. Die permanente Fütterung über alle verfügbaren Kanäle mit den unzähligen Informationen zu anstehenden Bedrohungen, die täglich neu vor Augen geführt werden, beeinflussen unsere Gesundheit. Zum einen ist das verfügbare Wissen unüberschaubar geworden und wir sind überfordert – emotional wie mental. Zum anderen empfinden wir eine kognitive Dissonaz zu dem, was vor „Augen“ geführt wird und dem was wir empfinden und erleben. Das ist wohl die Aufgabe von heute – dass jeder für sich einen gesunden Weg findet, Fakten zur Kenntnis zu nehmen und die Weichen so zu stellen, dass er den Alltag gut bewerkstelligt und die Zukunft für sich und die Seinen mit Bedacht plant. Dabei sind Angst und Panik die schlechtesten Ratgeber. Die Massen werden gerade in den Gefühlen von Ohnmacht und Wut, blindem Aktionismus und Verzweiflung gehalten – Hauptsache in Extremen. Sich auf das wirklich Wesentliche zu konzentrieren, die eigene Identität zu erhalten ist essenziell notwendig.

Andreas hat vor fünf Jahren in einem Interview gesagt:

 

Veränderungen sind einfach, wenn man es wirklich will. Wieder so ein einfacher Satz, den es nur noch umzusetzen gilt. (meist bekannt von Diäten und anderen guten Vorsätzen für das neue Jahr) Um das Gehirn zu motivieren, müsste man also auf der Bewusstseinsebene ein Bild entwickeln, das größer ist, als dass man jetzt einfach nur den nächsten Tag überstehen will. Dazu brauchen wir eine wirkliche Vision und Motivation. Jede sportliche Höchstleistung wird gestützt durch ein ausgeklügeltes Motivationstraining. Das erleben wir manchmal, wenn wir ein Fußballspiel sehen. Wie wird die Mannschaft in der Halbzeitpause gepusht, dass sie wieder auf den Platz geht, wie ausgewechselt erscheint und ein Tor schießt. In den aktuellen Debatten und bei den unzähligen „Wir müssten mal..“Reden ist die Entwicklung einer optimistischen Vision schwer möglich. Werte und Emotionen werden durch das aktuell gültige Narrativ eines Kulturkreises geprägt. Bei uns sieht es derzeit eher düster aus.

Worte des Historikers Thomas Carlyle:

„Unsere Hauptaufgabe ist nicht, zu sehen, was in vager Ferne liegt, sondern nur das zu tun, was das Nächstliegende ist.“ Jeder sollte für sich klären, wofür er sich engagieren möchte, wie seine persönlichen Strukturen gestaltet sein sollen und in welcher Welt er leben möchte. Der Neurobiologe und Autor Gerald Hüther beschreibt die Funktion des Gehirns so: „Aber das mit dem Wollen ist eben so ein Problem. Das wissen ja die wenigsten Leute, aber das Gehirn ist ja nicht so sehr zum Denken da. (…) Das große Anliegen des Hirns besteht darin, möglichst viel Energie zu sparen. (…) Schon einen Gedanken daran zu haben, dass wir uns verändern könnten, da fangen die Nervenzellen kräftig an zu feuern, dann geht der Energieverbrauch in die Höhe. Und dann macht man das, was man meistens macht, dass man in die alten Muster zurückfällt und dann hat man wieder Ruhe“ .

In Bewegung müssen wir uns schon setzen – geistig und überhaupt. Nur unnötig schwer sollten wir uns das nicht machen – und schon gar nicht machen lassen. In der Vergangenheit haben sich da verschiedene Muster bewährt – unter anderen nennt man sie Familie und Tradition. Mit der Zersetzung des Rückgrates der Gesellschaft, der klassischen Familienstruktur, werden die Menschen entwurzelt und geschwächt. Traditionen und Eigenheiten der lokalen Gemeinde geben Halt und Orientierung. Die Orientierung an global geführten PR-Aktionen schwächen jede Individualität und gipfeln im Zalando-Einheits-Look und Einheitsverhalten.

Wir sind nun in der vorweihnachtlichen Zeit. Niemand zwingt uns, den großen Konsumrausch mitzumachen. Hier und da begegnet sicher auch Ihnen in Ihrem Umfeld die Meinung, dass es nicht auf automatisiertes Schenken ankommt. Schenken ist etwas Wunderschönes – aber gemeinsam verbrachte Zeit ist immer noch mit Nichts aufzuwiegen. Eine der selbstzerstörenden Eigenschaften der menschlichen Natur ist der Hang, das Leben aufzuschieben.

Ich wünsche Ihnen eine friedvolle und auch besinnliche Weihnachtszeit im Kreise Ihrer Familie und lieben Menschen. Sammeln sie Kraft und sagen sie auch mal Nein. Im neuen Jahr warten gewiss wieder genug Herausforderungen auf uns.

 

Abschließend ein Zitat von Horaz:

Glücklich der Mensch, glücklich er allein,
Der das Heute ganz besitzen kann.
Der in sich ruhend sagen kann:
Das Morgen, sei es noch so schlimm,
Ich habe heut gelebt.

Christiane Clauss-Ude

https://novertis.com/das-ende-in-sicht/

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