Henry Dunant – Ein Geschäftsmann entdeckt sein Herz (Frage: Ist die Welt jetzt reif für seine Bestrebungen?)

1859, Krieg zwischen Frankreich und Österreich. Vierzigtausend Tote und Verwundete liegen verstreut auf Feldern und Straßenrändern. Körper an Körper schmiegen sie sich aneinander, getränkt in rotem Blut. Mit letzter Kraft stoßen die Verwundeten Hilfeschreie aus, die alle ins Leere verhallen. Es gibt keine Hilfe für die Soldaten, sie sind alle dem Tod geweiht. Henry Dunant wird als junger Geschäftsmann zufällig Zeuge dieses Grauens und erlebt den Krieg in seiner brutalsten Form. Spontan beendet er seine geplante Geschäftsreise und beschließt, den Menschen vor Ort zu helfen. Es gibt keine Kriegskrankenpflege, viele Soldaten sterben nicht bei ihren Kampfhandlungen, sondern in den folgenden Tagen an ihren Verletzungen aufgrund der unzureichenden Versorgung.

Henry Dunant gibt alles. Er hilft Schwerverletzte zu transportieren und verteilt den Rest seines eigenen Proviants. Die mitgebrachten Hemden zerschneidet er, um Verbandsstoff zu erhalten. Er wäscht Wunden aus und reicht frisches Wasser. Er merkt schnell, dass er Unterstützung braucht, denn mit jeder Minute sterben weitere Soldaten. Henry Dunant schickt seinen Kutscher, um Verbandsmaterial und Lebensmittel zu besorgen. Mit Freiwilligen aus der Zivilbevölkerung, hauptsächlich Frauen, organisiert er in einer Kirche die notdürftige Versorgung der verwundeten Menschen. Alle Soldaten werden gleichbehandelt, egal auf welcher Seite sie kämpfen.

Obwohl Henry Dunant mit seiner beherzten Hilfsaktion hunderten Menschen das Leben rettet, ist er zutiefst erschüttert. Ihm wird bewusst, dass man als Einzelner wenig ausrichten kann, sondern eine größere Organisation für solche Katastrophenfälle benötigt. Henry Dunant hat schon immer einen ausgeprägten Sinn für soziale Gerechtigkeit und beschließt, auf sein Herz zu hören. Er stellt seine Tätigkeiten als Geschäftsmann hinten an und schreibt ein Buch über seine Erlebnisse auf dem Schlachtfeld. Auf eigene Kosten verschickt er seine Aufzeichnungen an Generäle und Regierungen, mit einem gewaltigen Echo. Noch nie war den Menschen die grausame und realistische Seite des Krieges so ehrlich offenbart worden. Zudem entwickelt Henry Dunant zum ersten Mal Ideen, wie zukünftig das Leid der Soldaten verringert werden kann. Er beginnt, vielbeachtete Vorträge in ganz Europa zu halten.

Auf Basis seiner Vorstellungen findet er Unterstützer und wichtige Geldgeber. Kurze Zeit später wird die erste internationale medizinische Hilfsorganisation gegründet, der Startschuss für das Rote Kreuz. Folgedessen findet am 22. August 1864 eine Konferenz statt, wo zwischenstaatliche Abkommen für das humanitäre Völkerrecht beschlossen werden. Die erste Genfer Konvention ist geboren, mit weitreichenden Folgen. Neutralität und Schutz für Kriegsverwundete und der für sie versorgenden Personen sowie der für sie geschaffenen Einrichtungen. Der Grundsatz des Roten Kreuzes beinhaltet den Schutz des Lebens, der Gesundheit sowie der Linderung des Leides von Menschen in Not, unabhängig von Nationalität oder politischen Ansichten. So etwas hat es noch nie gegeben.

Wegen der humanitären Aktivitäten hat Henry Dunant seine Tätigkeiten als Geschäftsmann stark vernachlässigt. So kommt es, dass die Schulden immer mehr werden und er irgendwann Konkurs anmelden muss, was zu einer gesellschaftlichen Verachtung gegen ihn führt. Neben dem totalen finanziellen Ruin erleidet Henry Dunant zudem einen geistigen und körperlichen Zusammenbruch. In seiner Heimat wird er ausgestoßen und verschmäht, er verlässt seinen Wohnsitz und lebt jetzt in absoluter Armut. Dem feinfühligen Henry Dunant setzen die Niederschläge schwer zu, er wird menschenscheu und krank. Als Draufgabe wird er auch noch von seinem Herzensprojekt, dem Genfer Komitee, ausgeschlossen.

Henry Dunant stirbt unter Depressionen leidend am 30. Oktober 1910 im Alter von 82 Jahren. Bis zum Schluss entwickelte er Pläne, wie die Welt verbessert werden könnte. Doch die Zeit war noch nicht reif, seine Visionen in die Tat umzusetzen. Sei es für die Befreiung der Sklaven oder die Gleichberechtigung der Frauen. Henry Dunant war der festen Überzeugung, dass Frauen bei der Verwirklichung eines dauerhaften Friedens eine viel größere Rolle spielen würden als Männer. Eigennutz und Brutalität sah er als typisch männliche Prinzipien an, während für Frauen die Nächstenliebe und das Streben nach einer gewaltfreien Lösung sprachen.

Henry Dunant opferte sein Leben als erfolgreicher Geschäftsmann, um ein Zeichen der Menschlichkeit zu setzen. Er ging nicht den Weg des Geldes, sondern folgte seinem Drang, den Menschen zu helfen. In Erinnerung an Henry Dunant bleibt ein großes Herz, dem bis heute zahlreiche Helfer uneigennützig folgen.

Das Rote Kreuz ist heute die größte humanitäre Organisation der Welt.

Henry Dunant erhielt 1901 für seine Lebensleistung den Friedensnobelpreis.

Einzelnachweise (abgerufen am 01.09.2018):
1. www.drk.de – Biografie Henry Dunant
2. wikipedia.org – Henry Dunant

Henry Dunant – Ein Geschäftsmann entdeckt sein Herz

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.